In der Begründung zum Referentenentwurf wird darauf hingewiesen, daß gegenüber §3 Abs. 4 UG und §4 FHG eine Ergänzung in § 5 Abs. 3 aufgenommen wird, "die die Aufgabe des Wissens- und Technologietransfers unterstreicht und konkretisiert" (Begründung § 3). Diese Ergänzung bezieht sich jedoch nur auf die Möglichkeit, "im Rahmen der Gesetze mit Dritten auch in privatrechtlichen Formen zusammenzuarbeiten" (§3 Abs. 5 Satz 2). Der Einsatz von Drittmitteln wird in § 101 geregelt, wobei im Vergleich zum UG und zum FHG besonders hervorgehoben wird, daß "die Inanspruchnahme von Ressourcen der Hochschule einen Vergütungsanspruch der Hochschule zur Folge haben kann." (Begründung § 101) Des weiteren wird ausgeführt, daß die Grenzen zwischen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben und Vorhaben auf dem Gebiet des Wissens- und Technologietransfers fließend sind. Die hauptamtliche Erfüllung des Wissens- und Technologietransfers soll in diesem Zusammenhang ebenfalls mit Mitteln Dritter erfolgen können.
Die im Gesetzentwurf vorgenommene Reduzierung des Transferbegriffs auf die zu vergütende Drittmittelforschung und privatwirtschaftliche Kooperation greift dabei zu kurz. Die Gefahr, daß bei voller Inanspruchnahme dieser Möglichkeiten ein wesentlicher Teil zukünftiger Forschungstätigkeiten an der Drittmittelbeschaffung ausgerichtet wird, ist nicht von der Hand zu weisen. Diese Annahme kann auch dadurch nicht entkräftet werden, daß im Sinne des Referentenentwurfs »die Verpflichtung der Hochschule zur Erfüllung der übrigen Dienstaufgaben« davon unberührt bleibt (§ 101 Abs. 1). Wie in der Begründung richtig vermerkt und hier zitiert, sind die Grenzen in diesem Bereich tatsächlich fließend, und somit ist die Einhaltung des Gesetzes auch kaum kontrollierbar.
Damit man die Gefahr einer zunehmenden Determinierung von Forschungsvorhaben durch Drittmittel und Interessen Dritter ausschließen kann, ist eine präzisere Aufgabenbeschreibung für die Hochschule als Ganzes, aber auch für die in ihr agierenden Akteure dringend notwendig. Folgende Punkte müßten hier erfaßt werden:
1. Hochschule als unabhängiger Akteur in der Forschungslandschaft
In § 100 Abs. 1 wird wortgleich mit dem UG und FHG festgestellt, daß die Hochschule zur gegenseitigen Abstimmung von Forschungsvorhaben und Forschungsschwerpunkten sowie zur Planung und Durchführung gemeinsamer Forschungsvorhaben mit den Hochschulen untereinander, den Kunsthochschulen, anderen Forschungseinrichtungen und mit Einrichtungen der überregionalen Forschungsplanung und Forschungsförderung zusammenarbeiten sollen. Für die Hochschule als zwischenstaatlichen Akteur ergeben sich dabei weitreichende Betätigungsfelder:
Die Hochschule muß sich aktiv an der Konzeption regionaler Strukturplanung beteiligen. Hierzu gehört die Beratung bezüglich des wirtschaftlichen Strukturwandels, das Aufzeigen regionaler Qualifizierungsfelder, etc.
Die Hochschule muß in der Region besonders bestrebt sein, soziale und ökologische Entwicklungen sowie zu diesen Themen erbrachte Forschungsleistungen umzusetzen.
Zur Förderung sozialer und ökologischer Forschungsvorhaben, die in der Regel nicht privatwirtschaftlich finanziert oder angestoßen werden, muß sich die Hochschule in überregionale Forschungsverbünde eingliedern.
Im Unterschied zur privatwirtschaftlich dominierten Drittmittelforschung besteht hier für die Hochschule die Möglichkeit, sich in ausgewählten Forschungsfeldern und an gesellschaftlichen und ökonomischen Entwicklungsprozessen zu beteiligen. Der Rahmen der Tätigkeit wird dabei in §3 Abs. 1 des Referentenentwurfs hinreichend definiert. Anstelle einer nicht definierten Drittmittelforschung wird hier ausgeführt: Die Hochschulen "wirken an der Erhaltung des demokratischen und sozialen Rechtsstaats mit", und "sie setzen sich im Bewußtsein ihrer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und der Umwelt mit den möglichen Folgen einer Verbreitung und Nutzung ihrer Forschungsergebnisse auseinander".
Daß die Hochschule im Rahmen einer nach diesen Kriterien vorgenommenen Beteiligung an Forschungsnetzwerken die Möglichkeit haben muß, sich Leistungen vergüten zu lassen, ist sinnvoll und notwendig. Eine unreflektierte und aus Einnahmegesichtspunkten vorgenommene Expansion der Drittmittelforschung ist jedoch abzulehnen und zu verhindern.
2. Studierende als Akteure
Die eigentlichen TrägerInnen des Wissenstransfers sind die Studierenden selbst. Wie zukünftig Studierende an der Hochschule die Möglichkeit erhalten sollen, in der Hochschule mit erworbenem Wissen und erbrachten Forschungstätigkeiten den Grundstein für Eigenständigkeit und berufliche Profilbildung legen zu können, wird im Gesetzentwurf nicht erwähnt. Folgende Aspekte müßten jedoch unserer Ansicht nach berücksichtigt werden:
Verbesserung der Studienberatung
Die Studienberatung muß stärker auch den Übergang vom Studium in das Berufsleben berücksichtigen. Um tatsächlich an der Hochschule erworbenes Wissen in die Praxis umsetzen zu können, müssen die beruflichen Einstiegschancen für AbsolventInnen in diesem Sinne verbessert werden (siehe C.5: Studienberatung).
Ermöglichung und Begleitung von Existenzgründungen
Selbständigkeit wird heute aus individuellen wie volkswirtschaftlichen Gründen immer wichtiger:
Durch Unternehmensumstrukturierungen ergeben sich im Bereich der produktionsbezogenen Dienstleistungen Marktchancen für neue Unternehmen. Für viele HochschulabsoventInnen besteht hier die Möglichkeit, sich mit eigenen Ideen und Konzepten nach dem Hochschulstudium selbständig zu machen.
Viele fortschrittliche Technologien und Entwicklungen kommen oft nicht zum Tragen, weil Großkonzerne die Markteinführung behindern. Durch die Begleitung und Förderung von Selbständigkeit aus der Universität heraus könnten beispielsweise im Umweltbereich wichtige Impulse für Wirtschaft und Beschäftigung gegeben werden.
Die Hochschule muß daher aus unserer Sicht mit folgenden Maßnahmen die Existenzgründung für AbsolventInnen erleichtern:
Die Hochschule muß in Kooperation mit der Landesregierung und durch Angliederung an dort angesiedelte Initiativen (bspw. Gründungsoffensive NRW »GO«) HochschulabsolventInnen in Fragen der Existenzgründung begleiten und beraten.
An der Hochschule müssen Zugänge zu Risikokapital für Existenzgründungen geschaffen werden.
In der Gründungsphase müssen Möglichkeiten geschaffen werden, Kapazitäten der Hochschule zu nutzen. Im Falle einer erfolgreichen Unternehmensgründung könnten die in Anspruch genommen Mittel vergütet werden.
3. Weiterbildung als Form des Wissenstransfers
Einen wichtigen Beitrag zum Wissenstransfer bildet das Weiterbildende Studium.
Hier besteht die Möglichkeit, einen reflexiven Transfer von Wissen und Erfahrung zu organisieren. Durch die Öffnung des Studiums für ArbeitnehmerInnen können praktische Erfahrungen aus der Arbeitswelt in die Lehre und Forschung mitaufgenommen werden, gleichzeitig kann ein direkter Transfer aus der Hochschule in die Arbeitswelt angestoßen werden. (siehe B.4: Weiterbildung)
4. Vergütung von Drittmittelforschung durch ProfessorInnen
Obwohl im Gesetzentwurf mehrmals auf die Notwendigkeit der Vergütung von Drittmittelforschung hingewiesen worden ist, bleibt die Vergütung von Honorartätigkeiten durch ProfessorInnen gänzlich unberücksichtigt. Da ProfessorInnen jedoch zur Erbringung ihrer Honorartätigkeit auf materielle und personelle Kapazitäten der Hochschule zurückgreifen, müßte auch hier eine Vergütung an die Hochschule entsprechend § 101 vorgenommen werden. Ein entsprechender Passus ist hier noch einzufügen.