Hochschulfinanzierung

Der Referentenentwurf zum Landeshochschulgesetz enthält vor allem im Bereich der Mittelvergabe und Hochschulfinanzierung Änderungen, wie bei der schon seit Jahren prognostizierten Finanzmisere nicht anders zu erwarten. So definiere sich die Hochschulfinanzierung nicht mehr am Bedarf, sondern an Leistungsmaßstäben, »d.h. einer an Belastungs- und Erfolgskritierien orientierten Verteilung der vom Haushaltsgesetzgeber den Hochschulen zur Verfügung gestellten Mittel«; er regelt also das Verteilungsverfahren, ohne auf die Bestimmung des Haushaltsvolumens Einfluß zu nehmen. Schon in der Kommentierung des §6 - eine aus dem Entwurf für das Hochschulrahmengesetz des Bundes übernommene Regelung - wird somit die Marschroute vorgegeben, die Unternehmensstrukturen an der Hochschule zu verwirklichen versucht. Doch was als Autonomie verkauft werden soll, endet abrupt, wenn es um die Verteilung der Gelder unter den Hochschulen geht. Das Land hat damit das entscheidende Steuerungsinstrument, das Restriktionen Tor und Tür öffnet. Anzustreben wäre eher eine Verteilung, die durch demokratische Entscheidungsstrukturen, Beteiligung der Hochschulen und Transparenz gekennzeichnet ist.

Leistungsorientierung, die sich inhaltlich an der Durchführung und Finanzierung von Forschungs-, Lehr- und Weiterbildungsprojekten zu bemessen hätte, wird im § 6 Abs. 2 mit äußeren, statistischen Daten (AbsolventInnenzahlen) identifiziert, um von dem eigentlichen Mißstand abzulenken, der längst bekannt ist: die chronische Unterfinanzierung der Hochschulen soll der Effizienz weichen, einer Effizienz des besser verwalteten Mangels. Gerade deshalb ist die Ausweitung der Globalhaushalte nicht als Autonomie fördernd, sondern verhindernd zu beurteilen: eine dauerhaft bedarfsgerechte Finanzierung, die weit über die momentane Summe hinausgeht und ein feststehender Sockel sein müßte, kann durch ein scheinbares Allheilmittel »Globalhaushalt« nicht ausgeglichen werden. Flexibilität kann nur mit einer sicheren Basisfinanzierung funktionieren. Die Gefahr einer falsch verstandenen Flexibilität wird besonders durch einen absehbaren Teufelskreis verstärkt: Wird eine Leistung nicht erbracht - an den Hochschulen zumeist aus Gründen unzureichender Finanzierung und fehlender Planungssicherheit -, folgt daraus eine Einschränkung der Mittel für diese Betriebseinheit, die dann wieder schlechtere Ausgangsbedingungen für die Leistungsmöglichkeit bedingt. Das könnte dazu führen, daß einzelne Betriebseinheiten systematisch kaputt gespart werden.

"Haushaltsgesetzgeber und Landesgesetzgeber und Landesregierung sind nicht daran gehindert, neben den in den Hochschulkapiteln nach Leistungsgesichtspunkten etatisierten Mitteln im Rahmen des für Wissenschaft und Forschung zur Verfügung gestellten Etats weitere Mittel auch aus hochschulpolitischen, volkswirtschaftlichen, arbeitsmarktpolitischen oder industriepolitischen Gründen an die Hochschulen zu geben." Die Erläuterungen zum § 6 bestätigen dann auch die strukturelle Gefahr der Austrocknung der Hochschulen, indem nämlich die politischen Gremien zusätzliche Mittel nach eigenen Kriterien vergeben können, werden die Haushalte in Frage gestellt; sollte das Globalhaushalte-Modell nicht funktionieren - wie es sich in Teilen schon an der WWU Münster im Haushaltsjahr 1998 mehr als deutlich gezeigt hat -, hält sich damit das Land eine Hintertür offen. Es wäre so ohne weiteres möglich, die Haushalte auf ein Minimum zu reduzieren und die besonderen Posten auszuweiten, der großzügig versprochenen Hochschulautonomie widersprechend. Die scheinbar positive Formulierung birgt in ihrer Strukturierung ein negatives Sanktionssystem. Dies ließe sich nur mit einer Zieländerung verhindern, indem neben der Sockelfinanzierung eine Projektförderung im Rahmen der Globalhaushalte erfolgt, die demokratisch über einen Senatsausschuß und die Kontrolle durch ein anders strukturiertes Kuratorium funktionieren könnte (siehe B.2: Das Kuratorium). Vorteil eines solchen Konzeptes wäre auch die Zukunftsausrichtung, sich nämlich nicht am Bestehenden entlangzuhangeln, sondern das Mögliche zum Gradmesser zusätzlicher Finanzierung zu machen.

Der zweite Absatz des §6 setzt dann systematisch das falsche Zeichen; dadurch, daß Finanzierung nicht mehr inhaltlich geschehen, sondern unternehmerischen, verwaltungstechnischen Prinzipien gehorchen soll. Ein Repressionsmodell, in dem der Hochschulleitung die Macht zur Effektivierung gegeben ist, ohne daß sie auf die übergeordnete politische Ebene Einfluß nehmen könnte. Damit ist ein System geschaffen, das weniger die Autonomie unterstützt als vielmehr eine Mittlerrolle des Rektorats festsetzt, die jedoch weniger Selbständigkeit für die Hochschulen bedeutet als eine Bringschuld der Hochschulen strukturell bestimmt. Darüber hinaus ziehen Leistungs- und Kostenrechnungen in diesem Ausmaß Kraft für die Hauptaufgaben der Hochschulen (Forschung, Lehre und Weiterbildung) ab. Ähnlich erweist sich auch die Datenerhebung im §4 als Gefahr, da sie nicht für die Verbesserung von Forschung, Lehre und der innerinstitutionellen Kommunikation, sondern für die betriebswirtschaftliche Auswertung genutzt werden soll. Dies dürfte nicht zuletzt auf die Ehrlichkeit der Befragten zurückstrahlen und dem angestrebten Ziel ein starkes strategisches Handeln entgegenstellen.

Besonders der §102 (Beitrag zum Haushaltsvoranschlag) und der §103 (Verteilung der Haushaltsmittel) sind als Kernpunkte des neu konzipierten Landeshochschulgesetzes zu betrachten: es "wird die Beratung des Beitrags durch das Rektorat, aber nicht mehr durch die Kommission für Planung und Finanzen vorgeschrieben; dies entspricht der gestärkten Stellung des Rektorates bei der hochschulinternen Mittelverteilung. (...) Die Kontrollfunktion des Senates verlagert sich dabei von der prospektiven Aufstellung des Beitrags zum Haushaltsvoranschlag zur retrospektiven Bewertung des Leistungsgeschehens." Die falsche Perspektive läßt sich in zweifacher Weise beschreiben: einerseits vermag die neue Entscheidungsstruktur nicht, der sonst behaupteten Demokratisierung zu genügen, sie enthält andererseits aber auch den falschen Maßstab, weil nicht das Mögliche, sondern das Vorhandene gemessen wird. Sowohl auf Fachbereichs- wie auf Hochschulebene wäre dementgegen ein Drei-Stufen-Modell der Planfeststellung und Mittelverteilung zu wählen. Zunächst wäre durch die Kommission für Planung und Finanzen (vgl. § 22) ein Haushaltsplan zu entwerfen, der im zweiten Schritt durch den Senat beschlossen würde, um dann durch das Rektorat durchgeführt zu werden. Eine solche Konzeption vermengte auch nicht Exekutiv- mit Legislativgewalt. Diesbezüglich wäre ebenso auszuschließen, daß ein Angehöriger des Rektorates die Kommission für Planung und Finanzen leiten kann. Analog könnte es auch auf die Fachbereichsebene übertragen werden (§103, Abs. 2), so daß der Dekan ausführende Kompetenzen besitzt, der Fachbereichsrat beschließt und ein vom FBR zu wählender Ausschuß die Mittelvergabe vorbereitet. Die Stärkung der Kommission auf der Hochschulebene und der FBR-Ausschüsse hätten darüber hinaus den Vorteil, daß nicht-beschließende Organe schon nach heute geltender Rechtsauffassung paritätisch besetzt sein können.

Ein heikler Punkt in der Hochschulfinanzierung ist die Drittmittelregelung (§101). Bedenklich wird sie vor allem dort, wo sie die demokratische Kontrolle durch die Hochschulorgane vermissen läßt: "Auf Antrag des Hochschulmitgliedes, das das Vorhaben durchführt, soll von der Verwaltung der Mittel durch die Hochschule abgesehen werden, sofern es mit den Bedingungen der oder des Dritten vereinbar ist; Satz 3 gilt in diesem Fall nicht." (§101, Abs. 4) Vergessen ist in dem eingeräumten Freiraum die gesellschaftliche Verantwortung, der die Hochschule unterliegt: der Nutzen von Forschung wird so einseitig den Drittmittelgebern zugerechnet, ohne daß die Freiheit von Forschung und Lehre dabei geschützt würde.

Als beispielhaft für die negativen Auswirkungen von Drittmitteleinwerbung auf die Lehre können hier die USA genannt werden. Dort führt die Anbindung von ProfessorInnenstellen und Projekten an die Wirtschaft zu einem Rückzug von hochschulinternen Aufgaben in Forschung und Lehre.

Zudem wird sich das in die Hochschulen fließende Wirtschaftskapital naturgemäß auf einige Fachrichtungen beschränken, deren Forschungen unmittelbar verwertbare Ergebnisse versprechen. Der Staat verstärkt diese ungleiche Behandlung noch, indem er die eingeworbenen Drittmittel seinerseits erhöht. Hierin wird das genannte Sanktionsmodell fortgeschrieben und eine »Mainstream-Wissenschaft« befördert.